Sonntag, 21. Mai 2006
Erzählung II
Es war einmal ein Mann, der war ganz gewöhnlich, in seinem Aussehen, in seinen Ansichten, vielleicht war er etwas intellligenter und gebildeter als die meisten Menschen. Seine Zukunft gab keinen Anlass zur Sorge.
Eines Tages, als er früh morgens von einer Feier mit Freunden heim kehrte, bemerkte er ein Tier, welches ihn verfolgte. Es musste ein Tier sein, er sah es nicht, doch er spürte es. Es fraß sich in seine Gedanken, nahm dort immer mehr Platz ein, bis der Mann an nichts Anderes mehr denken konnte. Der Mann bekam es mit der Anst und rannte. Als er die Haustür hinter sich zuschlug vergaß er das Erlebte in der trauten Sicherheit recht schnell.
Doch einige Tage später wurde der Mann erneut von dem Tier heimgesucht, es kam nun regelmäßig. Zunächst maß der Mann ihm keine Bedeutung zu, waren es doch nur flüchtige Momente. Doch das Tier kam immer öfter, nahm immer mehr Raum ein. Zunächst drang es vornehmlich früh morgens und gegen Abend in das Bewußtsein des Mannes ein, später jedoch zu allen Tageszeiten. Der Mann scheute sich immer öfter die Sicherheit seiner Wohnung zu verlassen, bis er schließlich überhaupt nicht mehr hinaus ging. Doch nun lauerte das Tier vor Türen und Fenster, er konnte es fühlen und gelegentlich nachts hörte er sogar, wie es an der Türe scharrte. Das Leben des Mannes bestand nun nur noch aus dem Tier, etwas Anderes gab es nicht mehr.
Eines Tages klingelte plötzlich das Telefon. Seine Schwester kündigte an, ihn noch am selbigen Tag zu besuchen. Er freute sich sehr, so sehr, dass er sogar das Tier vergaß, schließlich hatte er schon lange keinen anderen Menschen mehr zu Gesicht bekommen. Die Lebenslust blühte in dem Mann wieder auf und er richtete freudig sich und die Wohnung her. doch als der Zeitpunkt der Ankunft zum Greifen nahe war, überkam ihn die Angst schlimmer als je zuvor. Das Tier war da, es lag auf der Lauer. Was würde geschehen, wenn die Schwester Eintraf? In seinen Gedanken vermischten sich Schwester und Tier, die Schwester wurde zum Tier, das Tier zur Schwester und endlich er selbst zum Tier.
Die Schelle riß ihn aus seinen Gedanken, er zögerte, sprang dann doch auf, um kurz vor der Tür inne zu halten. Es war totenstill, doch er fühlte, wie das Tier die Schwester zerriß. Da sank der Mann in sich zusammen. Ihm war klar geworden, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis das Tier eindrang und ihn völlig verschlang.

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es liest sich gut bei ihnen.

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Habe das Tier gefühlt.

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was wollte der autor uns damit sagen?
ich bin nicht gut was interpretieren angeht da mir unser derzeitiges schulsystem jeden mut an spontane interpretationen genommen hat. aber dennoch möchte ich hier meine spontane interpreation vortellen und fragen ob sie zutrifft:
ich glaube, dass das tier einsamkeit darstellen soll. der mann kommt zwar von einer feier heim aber heutzutage kann man sich auch einsam fühlen obwohl man freunde hat, weil man sich ja doch mit niemandem über seine wahren gefühle unterhalten kann...
ich hoffe das ich mit meiner vermutung richtig lag!

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Prinzipiel gilt natürlich das Interpretationen frei sind, deswegen gebe ich hier auch keine vor, aber ich hatte beim Schreiben doch deutlich Anderes im Sinn.

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