Sonntag, 21. Mai 2006
Ideologie
Sie lebten in riesigen Bienenstöcken aus Stein. Manchmal allein, oft aber auch zu viert oder fünft in den winzigen Waben. Doch dort hielten sie sich ohnehin nur zum Schlafen auf. Von Sonnen Auf- bis Untergang badeten sie in Öl und Schweiß. Angesichts dieses Schicksals schmatzten die Monstren zufrieden und stießen den Himmel verdunkelnde Wolken in die Luft. Eines Tages erschien ein roter Schimmer am Himmel, kaum sichtbar und es dauerte lange bis er entdeckt wurde. Zunächst waren es nur wenige die ihn sahen, doch sie durchbrachen aufgeregt das Schweigen und zeigten ihn den Anderen. Je mehr ihn erblickten desto größer schien er zu werden, bis er schließlich den gesamten Horizont erhellte. Es wurden stimmen laut man solle dem Schimmer folgen. Nach langer Diskussion marschierten sie los. Nicht alle, einige blieben zurück und erklärten die Gehenden für verrückt, aber doch die Masse. Sie gingen über grauen harten Boden und schließlich durch einen Wald toter, knochiger Bäume. Nach einiger Zeit stieg vor ihnen aus dem Wald eine Wolke empor, die den roten Schein fast völlig bedeckte. Verwirrt blieben sie stehen und starrten der Welle entgegen die über dem Himmel auf sie zu rollte. Das Geschrei war groß, als sie entdeckten, dass es sich um Vögel handelte. Einige waren entzückt ob der Vielfalt an Tieren die sich ihnen darbot, denn es handelte sich nicht um eine Art, sondern um Federvieh in allen nur erdenklichen Größen, Konnotationen und Farbkombinationen, auch wenn diese alle merkwürdig blass wirkten. Als die Vögel sie erreicht hatten, gingen sie zum Sturzflug über, jeder suchte sich gezielt eine Gestalt aus. Es schien als würde es für jeden von ihnen einen speziellen, genau angepassten Vogel geben. Das Entsetzen war groß, als die Vögel anfingen auf die Schädel einzuhacken. Sie versuchten die Tiere zu verscheuchen, doch diese ließen sich in ihrem Werk nicht beirren. So blieb ihnen nichts anderes übrig, als trotz ihrer gefiederten Peiniger den Weg fortzusetzen. Doch es dauerte nicht lange, bis die ersten Schädeldecken brachen. Sobald dies geschehen war fraß der Vogel das Gehirn der Gestalt und wenn er es komplett vertilgt hatte, erhob er sich und verschwand. Die Gestalt aber blieb jedes mal stehen, drehte sich um und marschierte mit leeren Augen zurück, und es war den Anderen als würden sie jedes Mal das zufriedenen Grunzen der Monstren hören. So ging es lange Zeit weiter bis nur noch eine kleine Schar übrig geblieben war. Ihr Schädel waren zu hart, als das die Vögel sie zum bersten bringen könnten, doch sie mussten einsehen, dass sie zu Wenige waren, um ihr Ziel zu erreichen. Sie debattierten was nun zu tun sei, doch Ratlosigkeit machte sich breit, ihr folgten Kälte und Hunger. So blieb dem standhaften Rest nichts übrig als selbst den Rückweg anzutreten und sich in die Schlünde der Monstren zu stürzen. Sie mischten sich unter die Gedankenlosen und gingen in ihnen auf, doch die Vögel blieben ihre ständigen Begleiter, mit denen sie einen ewigen Kampf um ihren Verstand führen. Der rote Schein ist nun wieder winzig, kaum erkennbar, doch verschwunden ist er nicht. Und jedes Mal, wenn es einem der Übrig gebliebenen gelingt sich den Monstren für einen flüchtigen Augenblick zu entziehen, fährt ein hoffnungsvoller Blick zum Horizont.

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